Zeugnis geben – Predigt zum Fest des hl. Sebastian

Drucke diesen Beitrag

Predigt von P. Peter Willi am 21. Jänner 2018 zum Hochfest des hl. Sebastian in der Pfarrkirche Gisingen

Liebe Schwestern und Brüder,

zu allen Zeiten gab es in der Kirche Märtyrer. Der erste unter ihnen war der hl. Stephanus, der jüngste unter ihnen ist vielleicht ein Christ, der erst in der vergangenen Woche fern von der medialen Öffentlichkeit irgendwo auf der Welt sein Leben für Christus gegeben hat. Allen Märtyrern ist gemeinsam, dass sie ihr Leben für Christus gegeben haben. Das Leben gibt man nicht für irgendeine wage Annahme, für eine Meinung, für eine Idee oder für etwas, wovon man sich nicht ganz sicher ist. Für alle Märtyrer war Jesus Christus so bedeutsam, dass keine Macht sie zwingen konnte, diesen Jesus zu verleugnen und sich von ihm loszusagen.

So war es auch beim hl. Sebastian. Er hat nichts getan, wofür er den Tod verdient hätte. Die wahren Christen aller Zeiten waren und sind Menschen mit Pflichtbewusstsein, Menschen der Ehrlichkeit, der Hilfsbereitschaft, der Güte, des Helfens und der Liebe. Deshalb hat man sie geschätzt und vielfach bewundert. Zugleich hatten sie ihre Überzeugungen und verteidigten die Wahrheit. Man empfand sie als unbequem. Das gilt auch noch in unseren Tagen. Dem unehrlichen Menschen ist der ehrliche Mensch eine gewisse innere Anklage, dem Abtreibungsbefürworter sind die Abtreibungsgegner ein Dorn im Auge und der Christ, der bei einem Betriebsausflug nach Wien am Sonntagmorgen früher aufsteht, um nach Möglichkeit irgendwo eine hl. Messe zu besuchen, wird vielleicht von seinen Berufskollegen als jemand etikettiert, der es übertreibt.

Das Martyrium der Christen müssen wir auf dem Hintergrund des Geisteskampfes zwischen Licht und Finsternis und zwischen Lüge und Wahrheit sehen, der die Weltgeschichte und jede menschliche Seele durchzieht. Überzeugte Christen wirken bewundernswert auf die einen und sind nicht selten ein Vorwurf für die anderen. Man geht auf Distanz zu ihnen, sogar in verschiedenen Formen von Gewalt. So war es auch beim hl. Sebastian der Fall.

Christen tragen einen Schatz im Herzen, den sie auf keinen Fall aufgeben wollen. Das ist die Freundschaft mit Jesus Christus. Ein berühmt gewordenes Wort von Papst Benedikt XVI. lautet: „Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt. In seinem Evangelium hatte Johannes dieses Ereignis mit den folgenden Worten ausgedrückt: ,,So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt … das ewige Leben hat’’ (3, 16)“ (Deus caritas est, 1). Was will Papst Benedikt uns sagen? Christsein ist nicht nur irgendein nützlicher Verhaltenscodex. Das Christentum ist zunächst nicht dazu da, um die Gesellschaft mit ordentlichen Staatsbürgern zu beliefern. Unzählige Christen waren dies und sind dies bis heute. Christen sind Humanisten, aber noch mehr. Es geht ihnen nicht nur um ein gutes Menschsein. Es geht ihnen um die Person Jesu Christi, um die Freundschaft mit ihm, um das Leben mit ihm. Christsein ist Beziehung mit Jesus Christus, dem Sohn Gottes.

Wer aus dieser Freundschaft lebt, der wird ein Missionar und ein Apostel dort, wo er lebt und arbeitet. Er möchte andere für Christus und für den Glauben an Christus gewinnen. Vor 2000 Jahren hat der Apostel Petrus an einzelne Christen, die irgendwo verstreut lebten, und zu einer Zeit, in der es noch keine Kirchen gab und man sich in Privathäusern traf, folgende Worte geschrieben, die wir soeben in der Lesung gehört haben: „Wenn ihr um der Gerechtigkeit willen leiden müsst, seid ihr seligzupreisen. Fürchtet euch nicht vor ihnen, und lasst euch nicht erschrecken, sondern haltet in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig. Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt; aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen“ (1 Petr 3,14-16). Der Christ versteckt seinen Glauben nicht. Er gibt Zeugnis davon durch sein Leben und durch seine Worte und er tut dies, wie Petrus sagt, in einer bescheidenen und ehrfürchtigen Weise, mit reinem Gewissen. Der Christ tritt mit seinem Glauben nicht selbstsicher oder von oben herab redend auf. Vom Schatz, den wir in unseren Herzen tragen, geben wir ein bescheidenes und ehrfürchtiges, ein frohes und glückliches Zeugnis.

In Vorarlberg gehören 60 % der katholischen Kirche an. Dazu kommen, so denke ich, einige Prozent Christen anderer christlicher Konfessionen, Anhänger verschiedener Religionsgemeinschaften und eine wachsende Zahl von Moslems. Ich denke, dass die Anzahl von Menschen, die ohne religiöses Bekenntnis sind, ständig im Wachsen ist. Wie viele Christen bei uns aus einer lebendigen Gottes- und Jesusbeziehung leben, weiß Gott allein. Wie man auch immer die religiöse Situation beurteilt, eines ist gewiss: Es ist wieder die Stunde des Zeugnisses und der Mission gekommen. Das ist der große Wunsch von Papst Franziskus für uns alle. Er will, dass wir alle Zeugen der Freude des Evangeliums sind. Missionare und Zeugen kann man nicht herbei befehlen und einfach machen. Wenn man aber das Feuer des Glaubens im Herzen trägt, will man es in anderen entzünden. Wir Christen dürfen und wollen anderen ihren Glauben nicht aufzwingen. Wir sind aber auch nicht diejenigen, die einfach sagen: Jeder soll halt machen, was er will. Nein, Jesus will, dass wir andere Menschen für Christus gewinnen. Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern – das ist sein Auftrag an uns. Wir respektieren die freie Entscheidung anderer im Blick auf den Glauben, aber wir beten, dass viele zu einem lebendigen Glauben kommen, wir laden ein, wir sprechen darüber, wir bezeugen unseren Glauben.

Liebe Brüder und Schwestern, lebt mit Überzeugung euren Glauben und bezeugt ihn nach außen. Seid Missionare, seid Zeugen Jesu an dem Platz und an dem Ort, wo ihr lebt. Und nun noch eine Bitte: Wer wäre bereit, uns im kommenden März bei der Caritas-Haussammlung zu helfen. Wir brauchen neue Sammler. Es geht um einen Dienst an Kindern und Erwachsenen in Vorarlberg, die eher an der Schattenseite des Lebens leben. Das Caritas Haussammeln ein Zeugnis für die Kirche und für Gott, es ist ein Fastenopfer, das reichen Segen bringt, es ist eine Chance, den großen Sebastian nicht nur zu feiern, sondern seinem Beispiel zu folgen. Er ging in die Gefängnisse, um die Christen zu besuchen, und wir klopfen und läuten bei den Haustüren von Gisingen.

Auf diese und viele andere Weisen können und sollen wir Zeugen Jesu Christi sein. Der heilige Sebastian und viele andere große Märtyrer sind uns Vorbilder und ermutigen uns dazu. Amen.