P. Thomas Felder – Abschiedspredigt

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Liebe Pfarrgemeinde von Gisingen!
Liebe Schwestern und Brüder, die ihr mir ans Herz gewachsen seid!
Liebe Kinder und Jugendliche!

Vor gut 10 Jahren, im September 2006 wurde ich von der Gemeinschaft beauftragt, als Pfarrer in Gisingen zu wirken. Der Bischof hat mich daraufhin zum Pfarrer ernannt. Ich betrachte den Erhalt dieses Auftrages als Fügung Gottes, als Geschenk und als eine Freude – damals und mehr noch heute.

Mit derselben Bereitschaft, mit der ich nach Gisingen kam, trete ich am Mittwoch meine neue Aufgabe als Leiter der Priestergemeinschaft des „Werkes“ an.
In meinem Leben habe ich stets erfahren, dass es Gott gut mit mir meint und so lasse ich mich von ihm führen, in der Zuversicht, dass er damit etwas im Schilde führt. Oder schöne gesagt, dass er einen Plan des Heiles hat, dem zu dienen er mich berufen hat. Was immer es sein wird, ich möchte dazu ja sagen und mein Bestes geben, so wie ich bemüht war, hier in unserem Gisingen, mein Bestes zu geben. Wie weit das gelungen ist, das zu beurteilen, überlasse ich Jesus, der auch die Tiefen des Herzens kennt.

Ich habe mich von Beginn an in Gisingen angenommen gewusst und war sehr schnell bei euch als „Wälder“ und als „Pater vom Werk“ beheimatet.
In diesen Jahren habe ich viel Unterstützung, viel Wohlwollen, gute Ratschläge, hilfsbereite Menschen und viele Gebete erhalten. Dafür danke ich ganz herzlich. Gott, der es immer gut mit uns meint, vergelte es euch mit seinem Segen, mit einem starken Glauben, mit einer gefestigten Einheit und mit viel Freude und Frieden mitten in den Herausforderungen und Prüfungen des Lebens.
Danke wir heute gemeinsam über das, was wir im Sinne Jesu miteinander für das Reich Gottes, die Pfarrfamilie und unser Dorf leisten konnten.

Es drängt mich, euch einige Dinge heute ans Herz zu legen. Es sind Wünsche und Empfehlungen eines scheidenden Pfarrers.

Das gesellschaftliche Leben ist heute – wir erleben es Tag für Tag – von einer großen Dynamik gezeichnet. Oft gewinnt man den Eindruck, alles sei im Fluß. Es ist tatsächlich vieles im Fluß, vieles ist unbeständig, vieles ist in Zeiten der Globalisierung unruhig und wechselhaft geworden. Beheimatung und das Gefühl der Sicherheit nehmen ab und verunsichern viele.

Da drängt sich die Frage auf, wie wird die kirchliche Leben in Feldkirch und darüber hinaus in den nächsten 10, 20 Jahren sich entwickeln? Wird es noch junge, praktizierende Christen geben? Wie werden sie die Kraft finden, gegen den Strom der Säkularisierung zu schwimmen. Wie wird es den überzeugten Getauften gelingen, mit Zuversicht und Hoffnung in einer Welt zu leben, die von Gott defact kaum mehr etwas wissen will? Was wird die Zukunft bringen? – diese ernsthafte Frage muss auch heute Platz haben, denn ein Christ ist nicht ein religiöser Schwärmer, sondern ein Mensch, der die Realität kennt und in ihr sich zu bewähren, ja noch mehr sie im Sinne Jesu zu gestalten weiß.

Eines zeichnet sich – aus meiner Sicht – deutlich ab: das kirchliche und pfarrliche Leben wird sich immer mehr dem Urchristentum nähern. Damals vor 2000 Jahren waren nur ganz wenige Christen. Sie lebten mitten in einer heidnischen Gesellschaft. Aber sie waren überzeugt. Sie waren von einem Sendungsbewußtsein bestimmt. Es war ihnen klar, dass nicht sie das römische Imperium zu verbessern hatten, sondern dass es Jesus durch sie und viele andere nach ihnen dies tun will. Sie waren Salz mitten in der Gesellschaft, die sie oft ablehnte und zum Teil blutig verfolgte. Der hl. Sebastian, unser guter Freund und Helfer, hat es am eigenen Leib erlebt. Ich hoffe nicht, dass es bei uns so weit kommt, aber ausschließen können wir es nicht.

Worauf kommt es für eine Pfarrgemeinde in der Zukunft an? Gehen wir beim hl. Paulus in die Schule. Wenn wir seine Briefe an die Gemeinden lesen, dann können wir drei Dinge klar benennen. Diese drei Dinge lege ich euch ans Herz:

  • Paulus geht es nicht um sich und nicht darum, dass die Gemeinden irgendwie gut funktioniert, sondern darum, dass möglichst alle in der Liebe zu Jesus Christus tief verankert sind. Zukunft hat, wer Christus persönlich entdeckt und aufrichtig, so gut er kann, nach dem Evangelium lebt! Liebe Schwestern und Brüder! Versucht weiterhin Christus zur Mitte eures Lebens zu machen. Liebt ihn im Gebet und vor allem in der Sonntagsmesse, denn dort berühren sich immer neu Himmel und Erde. Hier vereinigt er sich mit uns in einzigartiger Weise und wird zum tragfähigen, Freude stiftenden Fundament unseres Lebens. Christus will die Mitte jeder Gemeinde sein wie er die Mitte des Lebens des hl. Sebastian war. Das ist das Erste.
  • Paulus verkündet das Evangelium, das er empfangen hat, ungekürzt. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass das Evangelium die befreiende Wahrheit ist. Immer wieder betont er: Haltet fest am Glauben, den ihr empfangen habt. Neben der persönlichen und gemeinsamen Beziehung zu Christus bildet für Paulus die Lehre des Glaubens das Fundament für jeden Christen und für jede Gemeinde. Das ist heute gar nicht so leicht! Es kann herausfordernd sein, die Lehre des Evangeliums ungekürzt zur eigenen Glaubensüberzeugung zu machen. Es ist herausfordernd, den über 2000 Jahre überlieferten Glauben der Kirche zu teilen und überzeugt weiterzugeben. Das ist heute nicht „in“, aber es ist der richtige Weg, Jesus Freude zu bereiten und das Heil zu erlangen. Paulus war fest davon überzeugt, dass eine Gemeinde langfristig nur Bestand haben kann, wenn sie auf dem Fundament der Wahrheit steht, auf dem Evangelium. Deshalb mein Wunsch und meine Bitte: Setzt euch mit dem Glauben auseinander, vertieft ihn, haltet treu am Evangelium fest wie dies der hl. Sebastian tat.
  • Paulus war stets bemüht, die Einheit in den Gemeinden zu schützten und zu stärken. Parteiungen, Spaltunge und immer wieder aufflammende Zwistigkeiten oder auch ständige Nörgeleien dienen niemanden und erzeugen Schaden für alle. Ich freue mich, in Gisingen die Erfahrung einer starken Einheit gemacht zu haben. Mein Wunsch und meine Bitte an euch: Bemüht euch nach dem Vorbild des hl. Sebastian, weiterhin eines Sinnes und voller Liebe einander gegenüber zu sein.

Diese drei Punkte: Christus – Wahrheit des Evangeliums – eines Sinnes und voll gegenseitiger Liebe – hat Paulus betont. Sie bilden den Wegweiser in eine hoffnungsvolle Zukunft – damals und auch heute.

Es bleibt mir zu danken:
Gott, der mir diese schönen, lehrreichen Jahre geschenkt hat – meiner Gemeinschaft, die mich nach Gisingen entsandt hat – der Pfarrhausfamilie, die für mich ein Zuhause war – allen, die die Pfarre tatkräftig mitgetragen haben – für das erhaltene Wohlwollen, das geschenkte Vertrauen und die erfahrene Ergänzung – Dank gebührt der treuen Gottesdienstgemeinde, die mir viel Kraft, Freude und Rückhalt gegeben hat – Dank sage ich allen, die für mich gebetet haben – ich danke allen, die anderer Meinung oder Überzeugung waren, aber den offenen, sachlichen Dialog gesucht haben. Vergelt´s Gott sage ich einfach für gar, gar alles – es war so viel!
Ich schaue auf eine kostbare und wertvolle Zeit als Seelsorger zurück. Vieles durfte ich mit euch und durch euch und durch die Aufgaben, die sich stellten, wachsen und lernen. Der Dienst hat mir immer viel Freude bereitet und Erfüllung geschenkt.
Gott ist gut – er segne euch und euren weiteren Weg als Pfarrfamilie. Amen.

P. Thomas Felder FSO