Liebe – Predigt vom 17. Juni 2018

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Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

Predigt von P. Johann Fenninger FSO am Sonntag, 17. Juni 2018

Der liebe Gott hat es so gefügt, dass ich in den vergangenen Wochen und Monaten besonders viele seelsorgliche Gespräche führen durfte. Ich bin dabei mit viel Leid konfrontiert worden: Schwierigkeiten in der Partnerschaft, Probleme mit den Kindern, schwere Krankheiten, Menschen, die einem das eigenen Leben einfach nur schwer machen. Natürlich ist es in all diesen Situationen wichtig, alles nur Mögliche zu tun, um eine Verbesserung herbeizuführen. Als Seelsorger habe ich als erstes die Aufgabe, mich für solch eine Verbesserung einzusetzen. Aber -das wisst ihr besser als ich- es wird immer etwas übrig bleiben; etwas, das wir einfach nicht ändern können; etwas, das schwer bleiben wird. Genau an diesem Punkt tun wir gut daran, die Worte des hl. Paulus, die wir gerade aus seinem zweiten Brief an die Korinther gehört haben, tief in uns eindringen zu lassen: „Wir sind immer zuversichtlich“ – „wir sind immer zuversichtlich“. Warum können wir Christen denn in jeder Situation so zuversichtlich sein? Warum brauchen wir nie zu verzweifeln? Ich könnte jetzt mit Gott antworten: Wir können immer zuversichtlich sein, weil Gott immer bei uns ist, weil er uns immer helfen wird. Mir ist jedoch klar, dass solch eine Antwort viele von euch nicht zufriedenstellen wird. Sie klingt wie eine billige Lösung; sie ist viel zu abstrakt; so mancher wird in seinem Herzen sogar zweifeln, ob das auch wirklich stimmt, dass Gott mir immer hilft. Ich antworte also nicht mit Gott. Nein, ich antworte mit der Liebe! Derselbe Paulus, der gesagt hat: wir sind immer zuversichtlich, hat im Hohenlied der Liebe auch gesagt: „Die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles“ -und jetzt kommt’s- „sie hält allem stand.“ „Die Liebe hält allem stand“. Ich habe es schon mehrmals hautnah miterlebt, dass allein dieses Wort „die Liebe hält allem stand“ jemanden, der gerade am Zerbrechen war, die nötige Kraft zum Durchhalten und Weitermachen geschenkt hat. Es ist die Liebe, die uns auch noch in der größten Dunkelheit Licht sehen lässt und den längeren Atem verleiht.
Aber stimmt das wirklich? Und wenn ja, woher kommt das? Nun, was macht die Liebe aus? Die Liebe macht es aus, dass sie zunächst einmal nicht auf sich selbst, sondern auf den anderen ausgerichtet ist; die Liebe hält den Blick zunächst einmal fern von sich selbst und richtet diesen auf den anderen. Uns mit diesem anderen meine ich jetzt an erster Stelle doch noch Gott. Ja, ich meine jetzt doch wieder Gott; aber ich meine ihn jetzt vor allem unter dem Aspekt, dass er absolut vertrauenswürdig ist. Warum ist er das? Weil er sich in Jesus absolut vertrauenswürdig erwiesen hat. Sich in schwierigen Situationen total auf jemanden verlassen zu können, der absolut vertrauenswürdig ist, ist das nicht die größte Hilfe, die man sich nur vorstellen kann? Nimmt das nicht alle quälende Hoffnungslosigkeit und lähmende Angst auf einmal von mir hinweg?
Ich gehe jetzt noch einen Schritt weiter: Es ist dann auch die Liebe, die mich hinter allen noch so großen Problemen einen tieferen Sinn entdecken lässt: etwas, das bei allem Negativen rundum positiv sein muss. Wie kann ich so sprechen? Wenn es wahr ist, was wir Sonntag für Sonntag bekennen, dass Gott allmächtig ist, dann muss es auch wahr sein, dass Gott mich vor jedem Leid und Kreuz bewahren kann. Und trotzdem tut er es manchmal nicht. Ist Gott dann etwas entglitten? Sicherlich nicht; aber das heißt doch dann auch, dass Gott bestimmte Kreuze und Leiden bewusst für mich zulässt. Aufgepasst! Ich sage nicht, dass Gott bestimmte Kreuze für mich bewusst will, sondern ich sage, dass er bestimmte Kreuze bewusst für mich zulässt -das ist ein bemerkenswerter Unterschied! Und er tut dies, weil er mir nur das Gute will. Vielleicht lässt er ein bestimmtes Kreuz für mich zu, weil er mich stark machen oder in der Geduld wachsen lassen will. Meistens entdecken wir den tieferen Sinn unserer Kreuze erst Jahre oder gar Jahrzehnte später. Manchmal ist der liebe Gott mit einem guten Arzt zu vergleichen, der eine bittere Medizin verschreibt. Gott will damit dem Menschen nicht wehtun, vielmehr will er ihn heilen.
Zum Schluss drängt es mich noch, euch ein Wort des hl. Augustinus mit auf den Weg zu geben; ein sehr gewagtes Wort, welches -wie ich mir bewusst bin- durchaus anfällig ist für Missinterpretationen. Aber dieses Wort hat mir in meinem Leben schon so oft weitergeholfen, hat mir schon so oft Flügel verliehen, hat schon so oft einen bestimmten Schwermut in mir mit einmal in eine erstaunliche Leichtigkeit verwandelt. Ich muss dieses Wort unbedingt weitergeben: Augustinus sagt: „Liebe nur, und dann tu, was du willst“ – „Liebe nur, und dann tu was du willst“. Amen.