Adventszeit – Wartezeit

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Liebe Pfarrgemeinde,

das lateinische Wort „Advent“ bedeutet übersetzt Ankunft. In den Tagen der Adventszeit gehen die Gläubigen betend und wartend dem Weihnachtsfest, der Geburt Jesu Christi, entgegen. Eine Haltung, die uns die Adventszeit lehrt, ist die Haltung des Wartens. Dazu eine Geschichte:

Das traurige Weihnachtsfest

Ein Erwachsener erinnert sich: „Unvergesslich bleibt für mich der Heilige Abend, den ich als Kind in der Familie feiern durfte. Mit dem Vater besuchten meine Geschwister und ich am Nachmittag die Großmutter. Die Mutter blieb zuhause, denn sie hat, so wurde uns gesagt, viel zu tun und keine Zeit mitzugehen. Die Oma empfing uns mit einigen leckeren Köstlichkeiten und vor allem mit ihrem großen und weiten Herzen. Auf dem Heimweg machten wir Halt beim Grab von Opa und zündeten Kerzen an. Zuhause angekommen durften wir nur in die Küche gehen, weil im Wohnzimmer das Christkind „bei der Arbeit“ war. Die Spannung stieg. Nach dem Abendessen wurden Lieder gesungen und Gebete gesprochen. Wir wussten: wenn die Mutter kurz die Küche verließ, dann würde bald eine kleine Glocke läuten, das langerwartete Signal, dass wir nun endlich das Wohnzimmer betreten durften. Was war das für ein Zauber, für ein Glanz, für ein Glück! Die Kerzen am Christbaum brannten, der Vater las das Weihnachtsevangelium vor, Stille Nacht wurde gesungen und dann verteilten die Eltern die Weihnachtsgeschenke.

Ein Stück Himmel auf Erden. Das Weihnachtsfest im achten Lebensjahr war ganz gleich wie in allen anderen Jahren und doch ganz anders. Die Neugier, was das Christkind wohl dieses Jahr bringen würde, hat mich besiegt. Nach der Rückkehr vom Besuch bei der Oma nützte ich die Gelegenheit und betrat für einige Augenblicke das Wohnzimmer. Sofort sah ich das Weihnachtsgeschenk, das auf mich wartete. Ich wusste es, aber es war zu früh. Die Spannung war weg, aber auch die Freude war weg, der Glanz war weg. Eine Art Traurigkeit brach in mein Herz ein, ein unvergessliches Weihnachtsfest, aber leider im negativen Sinn. Ich verstand für mein Leben: Es braucht die Zeit des Wartens.“

Warten können

Es gibt Wartezeiten, die uns auferlegt sind: wenn wir auf den Arzt warten, der uns behandelt; wenn wir auf den Bescheid einer Behörde warten, den wir benötigen; wenn wir auf die Reaktion eines Menschen warten, dem wir eine Frage gestellt haben usw. Warten kann da mühsam werden. Die Geduld wird auf die Probe gestellt. Neben dem auferlegten Warten gibt es das Warten, zu dem wir uns selbst verpflichten. Was kann das bedeuten: eine Arbeit zu Ende führen, bevor ich anderen Interessen nachgehe. – eine Nachricht nicht sofort lesen. – ein Geschenk nicht gleich öffnen. – etwas nicht sofort weitererzählen, sondern zuerst in Ruhe darüber nachdenken. Im Menschen kommt häufig eine innere Ungeduld auf, die dazu treibt, etwas sofort haben, sagen oder entscheiden zu müssen, wissen oder genießen zu wollen, eine Unannehmlichkeit sofort beseitigen zu wollen usw. Können wir noch warten?

Adventszeit – Wartezeit

Dem Osterfest geht eine „große“ Fastenzeit voraus, dem Weihnachtsfest sollte eine „kleine“ Fastenzeit vorausgehen. Ohne eine gewisse Entbehrung gibt es kein großes Fest, ohne Selbstüberwindung und Einschränkung wächst die tiefere Freude nicht. Warten steigert die Freude. Dieses Lebensgesetz der Freude gilt für Kinder und für Erwachsene. Weihnachten ist für Christen zuallererst ein religiöses Fest. Wir erfreuen uns auch am „Rahmenprogramm“ des Weihnachtsfestes: Adventmärktle, Geschenke, Feiern, gute Mahlzeiten etc. Das Wesentliche dieses Festes ist für uns jedoch die Feier der Geburt Jesu Christi. Christen feiern Weihnachten mit Jesus. Sie öffnen ihr Herz für Ihn, der für sie der Helfer, der Sinn und der Heilende des Lebens ist.

Drei Tipps für die Feier des christlichen Weihnachtsfestes

Moment der Stille und des Gebetes an jedem Tag der Adventszeit

Fast jeder hat in den Tagen der Adventszeit viel zu tun. Die Hinwendung zu Gott in Augenblicken des Gebetes und der Stille ist jedoch kein Zeitverlust, sondern ein Zeitgewinn. Wer sich dazu durchringt, wird das bestätigen können.

Besuch der Adventgottesdienste

Jeder Gottesdienst ruft uns heraus aus der Welt des Alltäglichen und ruft uns hinein in die Welt Gottes. Eine junge Erwachsene, die schon Jahre nicht mehr bei der Messe war, aber dann doch wieder einmal den Mut aufbrachte, am Sonntagsgottesdienst teilzunehmen, meinte: „Ich habe viel mehr bekommen, als ich erwartet hatte.“

Warten können

Worauf möchte ich verzichten? Welche kleinen Wartezeiten möchte ich mir auferlegen? Zu welcher Einschränkung bin ich bereit? Die Freude, am Berggipfel zu stehen, spüren alle, die den mühsamen Aufstieg gewagt haben. Weihnachten ist auch so ein Gipfel, der bezwungen werden will.

  1. Johann und ich wünschen Ihnen allen ein ganz frohes Weihnachtsfest und ein gutes und gesegnetes neues Jahr 2019