Gedenken – Gebet – Gemeinschaft

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Predigt von Pfr. P. Peter Willi am 1.11.2017 zum Totengedenkenken an Allerheiligen

Liebe Schwestern und Brüder,
Liebe Gisinger, liebe Friedhofsbesucher aus Nah und Fern!

Der Nachmittag des Allerheiligenfestes ist im Lauf des Jahres ein besonderer Nachmittag. Er zeichnet sich aus durch Gedenken, Gebet und Gemeinschaft. Zu jedem dieser Worte einige Gedanken.

  1. Gedenken

Wir stehen am Grab unserer verstorbenen Familienangehörigen, Bekannten und Freunde. Wir denken an jene Menschen, die wir gekannt haben, die hier beerdigt worden sind oder an anderen Orten ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Ich hoffe, dass viele gute und dankbare Erinnerungen an unsere Verstorbenen in unserem Gedächtnis aufsteigen. Zum reifen Menschsein und auch zum inneren Reichtum des Menschseins gehört die Erinnerung an jene, die nicht mehr sichtbar unter uns sind. Die Würde der menschlichen Person verdient es, die Verstorbenen nicht zu vergessen, sondern ihnen ein ehrendes und dankbares Andenken zu bewahren. Gott wir danken dir für so viel Gutes, das wir von den Verstorbenen empfangen haben.

All jenen, die mit inneren Tränen und fühlbarem seelischen Schmerz an einem Grab stehen, wünsche ich den Trost, den der Heilige Geist schenkt. Bitten Sie Gott um Kraft, die Verstorbenen innerlich loszulassen und sie in die große Güte Gottes hinein zu entlassen.

Sollte es Friedhofsbesucher unter uns geben, die sich mit innerer Bitterkeit an einen Verstorbenen erinnern, weil er oder sie ihnen etwas schuldig geblieben sind oder ihnen Unrecht erwiesen hat, alle jene bitte ich: verzeihen Sie diesen Verstorbenen. Solche Vergebung schenkt Frieden.

Und sollten andere bedrückt sein, weil sie den Verstorbenen etwas schuldig geblieben sind, dann bitten Sie Gott um Verzeihung. Gott will alle Wunden heilen, jene die wir bei anderen verursacht haben, und jene, die andere in unserem Herzen geschlagen haben. Der Friedhof soll ein Ort des Friedens sein. Am Friedhof soll Frieden geschlossen werden. Am Friedhof soll unsere Seele in den Frieden Gottes eingetaucht werden.

  1. Gebet

Wir haben uns hier versammelt, um zu beten. Warum beten wir für die Toten? Wir beten, weil sie es brauchen. Es gibt wohl nur ganz, ganz wenige Menschen, die vor ihrem Sterben alles vor Gott in Ordnung gebracht haben, die keine scheinbar verjährte Schuld mehr in sich tragen, die immer das Gute getan haben oder vollkommen mit Gott, mit den Mitmenschen und mit sich selbst versöhnt ihre Augen in dieser Welt für immer geschlossen haben. Vor sich selbst oder vor den anderen kann man vieles verbergen, vor Gott nichts. Aber der allwissende Gott ist auch der all-liebende Gott und er ruft jeden, der dafür offen ist, hinein in sein unendliches Erbarmen. Die Kirche hat immer für die Toten gebetet. Sie tut es jeden Tag durch die Priester, die die heilige Messe feiern, sie tut es durch die Hirten, Ordensleute und Gläubigen, die täglich die Vesper, das Abendlob der Kirche, beten. Die Kirche weiß, dass die Toten das Gebet brauchen. Sie weiß, dass wir nach dem Tod durch eine Zeit der Läuterung und schmerzhaften Reinigung gehen müssen, die wir Fegefeuer nennen. Die Kirche weiß aber auch, wie machtvoll das Gebet für die Toten ist. Schmücken wir die Gräber unserer Toten mit den sichtbaren Blumen und den unsichtbaren Gebeten oder lassen wir für sie eine heilige Messe feiern. Das ist christliche Nächstenliebe über den Tod hinaus.

  1. Gemeinschaft

Die Zusammenkunft von Verwandten, Freunden und Bekannten am Allerheiligentag-Nachmittag ist ein Brauch, der lebendig bleiben soll. Gott will das, die Toten wollen das. Sie wollen, dass wir zusammen kommen, miteinander die Freude am Leben teilen, in der familiären Freundschaft Kraft schöpfen, einander die Hände reichen und die Wege des Guten, des Wahren und des Schönen, die Wege der Liebe, des Glaubens und der Treue gehen. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen nach diesem Friedhofsbesuch mit Gedenken und Gebet einige schöne und stärkende Momente und Stunden des Miteinander, des Friedens und der Freude.

Richten wir unseren Blick jetzt ganz bewusst auf Jesus Christus, den Sohn Gottes, der Mensch und Gott ist. Er hat durch sein Leiden und Sterben die Macht des Todes, die Macht der Schuld und die Macht des bösen Feindes überwunden. Er ist die Auferstehung und das Leben. Er schenkt allen, die an ihn glauben und auf ihn hoffen, eine ewige Heimat bei ihm. Als glaubende Menschen gehen wir nicht dem Grab entgegen, sondern dem Leben mit Christus. Das ist die gewaltige Botschaft von Ostern, das ist die Botschaft der Hoffnung angesichts der bitteren Wirklichkeit des leiblichen Todes. Herr Jesus Christus, wir danken dir, dass du vom Tod erstanden bist, und wir bitten dich: Stärke unseren Glauben an die Auferstehung und das ewige Leben. Amen.