Morgengebet

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Morgengebet

Liebe Schwestern und Brüder!

Jeder Mensch hat sein Morgenritual, d.h. seinen Ablauf der ersten Momente oder der ersten Stunde Tag für Tag. Bei den Christen gehört das Morgengebet zu diesem täglichen Morgenritual. Auch Jesus begann jeden Tag mit dem Gebet zu seinem liebenden Vater im Himmel. Heute im Evangelium hat uns Markus davon berichtet: „In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten“ (Mk 1, 35). Zum Thema ‚Morgengebet‘ möchte ich vier Fragen stellen und vier kurze Antworten geben.

Warum beten wir Christen am Beginn des Tages?

Jesus sagt einmal im Evangelium: „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15,5). Vielleicht wendet ein kritischer Gymnasiast ein: ‚Ich habe jetzt ein gutes Schulzeugnis mit sehr guten Noten nach Hause gebracht, ohne dass ich gebetet hätte oder zum Gottesdienst gegangen wäre. Ich schaffs auch ohne Jesus.‘ Ich gebe nur eine Antwort auf diesen Einwand: Gott aber hat die Welt und uns alle nicht nur erschaffen, er erhält sie jede Sekunde, sonst würde sie sofort ins Nichts zurückfallen. Man nennt das die fortdauernde Schöpfung. Ohne Gott können wir keinen einzigen Atemzug machen, wir könnten nicht einmal etwas Böses tun. Er erhält uns am Leben. Wenn wir am Morgen beten, dann anerkennen wir: Ich brauche dich großer Gott am heutigen Tag. Du erhältst mein Leben. Ich vertraue auf dich. Hilf mir. Leite meine Gedanken, Überlegungen, Entscheidungen, Taten und Worte. Ich anerkenne dankbar und demütig meine Abhängigkeit von dir, denn du gabst mir Talente und Kraft, um gute Leistungen zu bringen.

Was sollen wir beten?

Entweder ein Gebet, das ich bereits kenne, z. B. ein Vaterunser und ein Gegrüßt seist du Maria, oder ein frei formuliertes Gebet. Da wir in der Morgenstunde wahrscheinlich nicht jeden Tag richtig fähig sind für frei formulierte Gebete oder erst langsam wach werden, empfiehlt es sich, am Morgen bekannte Gebete zu sprechen. Wenn wir in der digitalen Welt bei einer Suchmaschine „Morgengebet“ eingeben, werden wir erstaunt sein, was man da alles findet.

Manche junge und erwachsene Christen sprechen ihr Morgengebet auf dem Weg zur Arbeitsstelle oder zur Schule. Es steht auf ihrem Handy oder sie beten ein Gesätzchen vom Rosenkranz oder kennen ein Morgengebet auswendig.

Wie lange soll das Morgengebet dauern?

Das wird sehr verschieden sein. Ein Priester betet länger als ein Berufstätiger, auch wenn ich manchmal erstaunt bin, wie viel Zeit sich Menschen, die „mitten im Leben stehen“, für das Morgengebet nehmen. Ein Erwachsener wird länger beten als ein Kind. Bei einer jungen Mutti, die für kleine Kinder sorgt, wird das Gebet meist kürzer sein als bei einer Pensionistin, die nicht mehr im Berufsleben steht.

Hat das Morgengebet einen Sinn, wenn ich noch ganz müde bin und kein andächtiges, gesammeltes Gebet sprechen kann?

Ja, auch ein solches Gebet wird von Gott angenommen. Manchmal sind wir mit den Gedanken noch weit weg, es bewegen sich nur die Lippen, aber das Herz ist noch nicht dabei. Dann dürfen wir sagen: ‚Großer Gott, ich habe dir wenigstens die paar Momente bzw. Minuten an Zeit geschenkt.‘ Ein Essen, das eine Mutti zubereitet, auch wenn sie es ohne große Begeisterung tut, sättigt ja auch den Hunger der Familie.

Auf unserem christlichen Glaubensweg gibt es Momente, Stunden und Erlebnisse, die uns ein Stück weit „in den Himmel versetzen“: eine schöne Christmette an Weihnachten, eine Erstkommunionfeier, eine Gebetsnacht in Medjugorje usw. Dafür sollen wir dankbar sein und das brauchen wir. Das Wachstum im Glauben geschieht aber noch mehr im Alltag, im treuen Tun des Glaubens, auch ohne viele Gefühle. Dazu gehört das Morgengebet, auch wenn es nur einige wenige Augenblicke dauert.

Noch drei Empfehlungen!

  1. Schließen wir in unser Morgengebet jene ein, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Morgengebet sprechen.
  2. Wenden wir, wenn möglich, unsere ersten Gedanken Gott zu, bevor wir Musik hören oder die letzten Neuigkeiten aus Radio, Zeitung und Handy beziehen. Zuerst Gott und dann alles andere. Ein solcher erster Gedanke könnte sein: Gott, segne diesen Tag.
  3. Beten wir, wenn möglich, mit jemand anderem, der im selben Haushalt wohnt, das Morgengebet.

Ein altes Sprichwort sagt: „Mit Gott fang an, mit Gott hör auf, das ist der beste Lebenslauf.“ So hat es auch Jesus getan: „In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten“ (Mk 1, 35). Amen.

Pfarrer P. Peter Willi FSO