Die Botschaft von Fatima – immer aktuell

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Pfarrer Lukas Bonner (Pfarrverband Inneres Montafon) hielt am 13. Jänner 2022 bei der Fatimamesse in Gisingen folgende Predigt:

Hochwürdige Herren Mitbrüder, liebe Brüder und Schwestern!

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Dezember 1991 haben viele – Theologen wie Gläubige – einen Deckel auf die Botschaften von Fatima gelegt und diese als abgeschlossen betrachtet. Der Sieg des Glaubens über den Kommunismus schien bewiesen zu sein, die Erfüllung der anderen Vorhersagen mit dem Attentat auf Papst Johannes Paul II. ebenfalls. Fatima hat der Welt nach 1991 nichts mehr zu sagen gehabt. Doch weit gefehlt. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. sagte 2010 in Fatima selbst: »Wer glaubt, dass die prophetische Mission Fatimas beendet sei, der irrt!« Fatima ist ja nicht nur ein rein innerkirchliches Phänomen, das sich auf mehrere Marienerscheinungen beschränkt, sondern die Botschaften, die die Gottesmutter der Welt preisgibt, haben durchaus politische und damit gesellschaftliche Relevanz. Der Kommunismus ist mitnichten überwunden. Überwunden ist der doktrinäre, staatliche Kommunismus. Aber wir befinden uns in einer Situation, in der von allen Seiten Gedankengut eingebracht wird, das auf der kommunistischen Uridee aufbaut. Erich Honecker, sagte, obwohl die DDR bereits Geschichte war, dass der Kommunismus zurückkehren werde. Und er sollte Recht behalten. Die Mission der Botschaften von Fatima ist darum noch lange nicht vorbei und gerade unsere momentane Weltsituation – und ich meine hier jetzt nicht nur Corona – verlangt doch regelrecht nach der Wahrheit der Fatimageheimnisse.
Die Grundbotschaften der Gottesmutter sind: Umkehr – Sühne – Gebet, sind heute aktueller denn je. Wir, die Katholiken, werden von der Gottesmutter angeleitet, durch Umkehr, Sühne und Gebet einen wesentlichen Beitrag zu leisten, damit unsere Gegenwart gesundet, damit das dämonische unserer Tage gebannt wird und Frieden, Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit wieder unter uns groß werden können. Und vor allem: damit Gott wieder einen Platz in unserer Mitte bekommt, damit unser Sprechen und Denken und Handeln moralisch gefestigt wird. Das Grundproblem jeder Gesellschaft und Generation ist: dass immer wieder versucht wird, Gott aus der Mitte zu entfernen, ihm das Wohnrecht abzusprechen. Es wird also versucht, den Johannesprolog umzukehren, in dem beschrieben wird, wie Gott unter uns Menschen Wohnung nimmt. Wenn wir Menschen Gott aus unserer Mitte entfernen und damit kein Regulativ mehr haben, wenn wir die Würde der Person zugunsten des Kollektivs opfern und wenn Geschlechter nicht mehr eindeutig männlich oder weiblich sind, dann sind das Ergebnisse jener Ideen, vor denen die Gottesmutter 1917 gewarnt hat. Die Hölle ruht nicht, obwohl sie weiß, dass sie schon lange verloren hat. Sie versucht immer und immer wieder das Gute zu stören und die Gnade zurückzudrängen und die Lüge zur Wahrheit zu machen.
Darum braucht es von uns Umkehr. Umkehr als ersten entschlossenen Schritt, nicht die Wege der Welt zu bestreiten, sondern den Weg des Heiles zu gehen, den Weg Gottes. Umkehr ist die bewusste Abwendung vom Dunkel und die Hinwendung zum Licht. Umkehr ist, wenn ich mein Gesicht wieder Gott zuwende, mich ihm zuneige und damit dem meinen Rücken drehe, das mich gefangen gehalten und manipuliert und missbraucht hat, das meine Gotteskindschaft entstellt hat. Ich muss mir klar werden, dass ich ohne Gott alles verliere, aber mit ihm nur gewinne. Für die Umkehr braucht es ein Zusammenspiel von Herz und Verstand, denn sie betrifft sowohl den Geist, meine Gedanken und meinen Willen als eben auch mein Herz, den Glauben, die Sehnsucht und Liebe. Umkehr, auch aus der Sicht des Neuen Testaments, meint eben genau diese Wandlung des Geistes, das sich-bewusst-Machen, dass etwas verändert werden muss. Wir brauchen wieder eine Mitte. Europa und auch Österreich sind aus dem Lot geraten. Maria leitet uns an, den Weg zur Mitte wieder zu finden – weil Christus der Weg ist, der uns zu Gott führt.
Als zweite wichtige Aufforderung Fatimas steht das Gebet, vor allem das Rosenkranzgebet. Der Rosenkranz ist ein sehr wirkmächtiges Gebet, das uns in die Hände gelegt wird. Ein Blick in die Geschichte unseres Landes zeigt, wie das Rosenkranzgebet nicht nur einmal Unheil und Krieg von uns abgewendet hat. Keine Perle des Rosenkranzes ist umsonst, davon bin ich fest überzeugt. Unsere Zeit verlangt nach dem Rosenkranz und sie braucht die Fürbitte der Gottesmutter. Wir dürfen das Beten nicht als einen Aufwand sehen, sondern als ein Privileg, als einen Liebesdienst, für den Gott uns auserwählt hat. Wir Christen und besonders wir Katholiken sind unendlich privilegierte Menschen, weil wir Beten dürfen, Tag und Nacht, und weil uns zu allen verschiedenen Gebetsformen noch der Rosenkranz als Gebet der Christusbetrachtung geschenkt ist. Die Aufforderung zum Gebet kennen wir von Jesus selbst, der öfter seine Jünger bat, im Gebet nicht nachzulassen, und mit ihm zu wachen. Die Kirche sieht im Gebet ein Mittel zur Heiligung unserer Welt – und nichts anderes brauchen wir, als eine heilige, eine geheilte, versöhnte Gegenwart.
Der dritte Schritt ist dann noch die Sühne. Wir, die Kirche, das Volk Gottes, soll Sühne leisten für den Unglauben in der Welt. Sühne leisten ist ein aktives Tun, ein bewusstes Tun – und im Grude genommen ist es genau jene Haltung, die im Zweiten Vatikanischen Konzil mit dem „Allgemeinen Priestertum“ beschrieben ist, die jeder und jedem durch Taufe und Firmung zukommt. Wir bitten den Himmel um Verzeihung für die Sünden der Menschen, für den Glaubensabfall, für die Gräuel, die durch Menschen an Menschen verübt werden. Die Sühne will im Himmel etwas bewirken: dass Gott Gnade schenkt und die Seelen der Menschen rettet. Maria bietet an, diese Sühne durch ihr Unbeflecktes Herz gehen zu lassen. Sie wird sozusagen zum Kanal, durch den wir unseren guten Willen, unsere Bereitschaft formen lassen und die unser Gebet verdichtet, vielleicht sogar verdoppelt. Die Sühne geht mit der Umkehr Hand in Hand, weil nur jemand, der sich auf den Weg macht, Gott zu suchen, auch erkennt, wie notwendig es ist, ihn für das, was in der Welt geschieht, um Verzeihung zu bitten. Manche Gegner bringen immer wieder ein, dass wir Menschen keine Sühne zu leisten brauchen, weil Christus die Sühne für unsere Sünden ist. Das stimmt natürlich. Der Tod Jesu am Kreuz ist die nicht mehr zu überbietbare Sühneleistung, die Gott selbst vollbracht hat. Unsere Sühne kann daher nur in Verbindung mit dem Opfer Jesu gesehen werden, als unsere innige Verbindung an der der Hingabe Jesu – eben: das Priestertum, das allen Getauften und Gefirmten zukommt. Mit dem Herrn opfern wir uns selbst, um eine Gabe zu werden, die Gott gefällt – so ähnlich heißt es im VI. eucharistischen Hochgebet.
Als Christen darf es uns nicht egal sein, was in der Welt geschieht, darum leisten wir Gott Sühne durch Gebete, durch Fasten, durch Opfer. Die Botschaft von Fatima will uns aus der Gleichgültigkeit herausreißen und betont schlussendlich unsere Mündigkeit als Gottes Kinder in dieser Welt, in unserer konkreten Gegenwart. »Wer glaubt, dass die prophetische Mission Fatimas beendet sei, der irrt!«, sagte Benedikt XVI. Bleiben wir offen, um das richtig zu deuten, was um uns herum geschieht. Kehren wir um, um uns wieder neu auf Gott auszurichten. Bleiben wir treu im Gebet und bleiben wir der Gottesmutter treu. Leisten wir Sühne für uns selbst und für die, die meinen, dass sie keine Schuld haben. Am Ende, so sagt es die Gottesmutter, wird ihr Unbeflecktes Herz triumphieren. Und ihr Triumph wird unser Sieg als Kirche Jesu sein. Amen.